Pleiten, Pech und Pannen: Warum Holstein Kiel vor dem Abstieg steht
Bei Holstein Kiel stehen die Zeichen nach der unglücklichen 1:2-Niederlage am Sonnabend im Nordduell mit dem FC St. Pauli auf sofortigen Wiederabstieg. Die Partie gegen den Mitaufsteiger, der nun kurz vor dem Klassenerhalt steht, war dabei sinnbildlich für die Saison der "Störche". Der KSV fehlt es an Qualität und Fortune.
In der Schlussphase des über weite Strecken zähen Duells mit dem Kiezclub tat Marcel Rapp das, was er eigentlich nicht tun wollte: Kiels Coach wechselte Steven Skrzybski ein (83.), um dem Angriffsspiel noch einmal einen neuen Impuls zu geben. "Das war grenzwertig", gab der Trainer später zu. Denn sein Routinier laborierte an Rückenproblemen, die einen Einsatz eigentlich unmöglich machten. Aber für ein paar Minuten biss der 32-Jährige schließlich doch auf die Zähne.
Kurz darauf gab es im Holstein-Stadion dann tatsächlich einen "Joker"-Treffer - allerdings erzielte den nicht Skrzybski, sondern dessen Teamkamerad Max Geschwill. Und zu allem Unglück bugsierte der Mitte des zweiten Abschnitts eingewechselte Verteidiger den Ball auch nicht in das Gehäuse St. Paulis, sondern in den eigenen Kasten. Damit war Saisonniederlage Nummer 19 besiegelt. Und damit auch der Abstieg?
Holsteins letzte Hoffnung heißt Relegation
Den direkten Klassenerhalt muss die KSV bei nun elf Zählern Rückstand auf den Tabellen-15. St. Pauli fünf Spieltage vor Toreschluss jedenfalls abhaken. Bleibt die Hoffnung, den Kopf noch irgendwie über den Sprung auf Relegationsplatz 16 (derzeit vier Zähler entfernt) aus der Schlinge zu ziehen. Diesbezüglich gab sich Rapp kämpferisch: "Ich werde weitermachen. Aber am Ende liegt es an den Jungs. Und da müssen wir alles dafür tun, dass sie den Kopf oben behalten."
So ganz überzeugt scheint der 45-Jährige aber nicht mehr davon zu sein, dass seine Mannschaft auch diese unglückliche Pleite - wie so viele zuvor - einfach aus den Kleidern wird schütteln können. Denn wenn selbst St. Paulis Coach Alexander Blessin fast peinlich berührt von einem "glücklichen Sieg" in einem der "schlechtesten Spiele" der Hamburger in dieser Serie spricht und nüchtern feststellt, dass das Spiel "keinen Sieger verdient gehabt hätte", stellt sich die Frage, ob die KSV schlichtweg nicht gut genug für die Beletage ist.
Die Antwort darauf gab Rapp - wenn auch nicht direkt - kurz danach mehr oder minder selbst: "Wir wollten das Spiel gewinnen, hatten am Schluss aber einfach nicht die Mittel dazu."
Dem Kieler Kader mangelt es an Substanz
Mit den "Mitteln" sprach der Coach nicht nur die in der Schlussphase des Nordduells fehlenden spielerischen Ideen an. Er spielte damit auch auf die nicht ausreichend vorhandene Qualität im Kader an. Dass der 45-Jährige am Ende den eigentlich nicht spielfähigen Skrzybski mangels Alternativen einwechseln musste, sagt viel aus über die Substanz eines Aufgebots, das die Holstein-Verantwortlichen nach dem überraschenden Aufstieg mit vergleichweise geringen finanziellen Mitteln verstärken mussten.
Und weil die KSV finanziell keine Abenteuer eingehen wollte, wird das "Abenteuer Bundesliga" wohl in ein paar Wochen enden. Immer wieder gelang es den Schleswig-Holsteinern zwar, gute Leistungen abzuliefern, ein paar überraschende Siege und einige Achtungserfolge zu erringen. Über ein ganzes Bundesliga-Jahr hinweg gesehen, müsste für einen der größten Außenseiter in der Historie der Beletage aber eben alles im positiven Sinne zusammenkommen, um den Abstieg verhindern zu können.
Becker und Komenda mit Kreislaufproblemen ausgewechselt
Und das war bei der KSV bis jetzt nicht der Fall. Die Begegnung gegen St. Pauli war nicht nur wegen des späten Eigentors ein gutes Beispiel dafür. Denn dass Unglücksrabe Geschwill überhaupt auf dem Platz stand, war dem geschuldet, dass Marco Komenda bei frühsommerlichen Temperaturen ausgewechselt werden musste. Der 28-Jährige klagte wie vor ihm bereits Timo Becker, der schon zur Pause in der Kabine geblieben war, über Kreislaufprobleme.
Spötter könnten meinen, dass sich nun auch noch die Wettergötter gegen Kiel verschworen haben. Aber schon eher trifft im Falle von Holstein wohl die alte Weisheit: "Ein Unglück kommt selten allein" zu. Aufgeben ist an der Waterkant aber eben auch keine Option. "Jetzt müssen wir uns auf Leipzig vorbereiten, da eine gute Leistung bringen und einen Dreier holen. Wohlwissend, dass das sehr schwer ist", sagte Rapp mit Blick auf das Gastspiel am kommenden Sonnabend (15.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) bei RB Leipzig.
